Die ultimative Checkliste
Das Freie Spiel ist die Arbeit des Kindes. Unsere Aufgabe als Eltern ist es, diese Beschäftigung des Kindes sehr ernst zu nehmen und unsere Rolle dabei immer neu zu definieren.
Gerald Hüther
Dies ist sicherlich keine leichte Aufgabe, die folgende Checkliste soll dir dabei helfen:
Wie definierst du deine Rolle als Mutter im Spiel deines Kindes? Frag dich selbst:
Bin ich nur die Animateurin nach dem Motto: „Spiel doch mal dies oder jenes“ - oder lasse ich mich einfach mal von meinem Kind animieren, mit zu machen.
Wie beschäftige ich mein Kind?
Was trifft auf dich zu? und Wie gehst du am besten damit um?
„Mama, was soll ich machen?“ - Ich komme mir vor wie eine Eventmanagerin: „Mach doch dies oder das“ oder wie eine Animateurin „Ich mach mich ständig zum Affen“
- Tipp: Kehre die Frage doch einfach mal um: Wie beschäftigt mich mein Kind? Lass du dich öfter animieren von deinem Kind - Das gelingt, indem du deinem Kind öfter mal beim vertieften Spiel einfach nur zuschaust und dich im Standby-Modus hältst, anstatt dich permanent einzuschalten. Oder so: Mein Kind ist der Bestimmer! Es entscheidet, wie viel ich mitspielen darf, welche Rolle ich übernehmen darf. Probiere dich aus und wechsele bewusst deine Rollen!
- Der Tipp hinter dem Tipp: Schnelle Ideen von außen, vorgefertigtes Material aus dem Internet fördern eher den Konsum anstatt die Kreativität. Seine eigene Kreativität entwickelt dein Kind eher aus dem Gefühl von Langeweile. In vielen Kitas gehört die spielzeugfreie Zeit zum Konzept, um die wirkliche Kreativität von Kindern zur Entfaltung zu bringen. Dann wird alles Spielzeug für eine Zeit lang weg geschlossen - es bleiben Gebrauchsgegenstände und Naturmaterialien zur Beschäftigung. Langeweile gemeinsam aushalten und gemeinsam nach Beschäftigungsmöglichkeiten zu suchen ist für die Entfaltung der Kreativität sinnvoller als ein ganzes Animationsprogramm. Die teilnehmende Beobachtung ist dazu ein gutes Tool.
.
Hilfe, meinem Kind ist langweilig und ich weiß auch nicht, was ich mit ihm spielen soll!
- Tipp: Überlege dir, was du als Kind selbst gerne gespielt, und wie du gespielt hast. Lade dein Kind dazu ein, so mit dir zu spielen. Finde heraus, welche Beschäftigung mit deinem Kind dir Spaß macht und auch für dich eine Bereicherung bringt. Je kleiner Kinder sind, umso besser kannst du sie begeistern. Je älter sie werden, um so mehr werden sie sich auch wieder abgrenzen.
- Der Tipp hinter dem Tipp: Wenn du lustlos oder gar ablehnend auf das Spiel deines Kindes eingehst, wird es das sehr schnell bemerken. Es dauert nicht lang, bis sich dein Gefühl auf die Stimmung deines Kindes überträgt und die Bauklötze oder das Bilderbuch durch die Gegend fliegen.
Eigentlich hasse ich Basteln…
- Tipp 1: dann lass es! Frag deine Freundin, deine Schwester, den Nachbarn - suche Menschen, die Spaß an genau der Beschäftigung haben, für die du gar nicht zu haben bist. Ich habe z.B. meine Schwester zum Schultüten-Basteln für meine Kinder in den Kindergarten geschickt und mit meiner Nichte viel lieber Geschichten-Bücher kreiert.
- Tipp 2: Du musst nicht alles können und wollen - überlasse dein Kind auch mal anderen Bezugspersonen außerhalb von Kita und Schule nach dem Motto „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“. Beispiel: Mein Sohn war von klein auf leidenschaftlicher Handwerker - mein Mann und ich aber haben beide eher „zwei linke Hände“. Wir ließen ihn anfangs viel alleine werkeln, aber irgendwann brachte ihn dieses ständig „sich selbst überlassen sein“ - und unsere mangelnde teilnehmende Begleitung nicht mehr weiter. Er glaubte bald selbst, zwei linke Hände zu haben. Daraufhin ließen wir ihn mit unserem begabteren Freund zusammen werkeln und dazu lernen. Heute baut er sich die Regale und Tische für seine Wohnung selbst.
- Der Tipp hinter dem Tipp: Dein Kind lernt unterschiedliche Herangehensweisen an Aufgaben oder Probleme, andere Wertorientierung kennen, es erweitert seinen Horizont durch Vergleichen und Unterscheiden, lernt seine Talente einzuschätzen, Stärken und Schwächen in unterschiedlichsten Bereichen zu unterscheiden. Es lernt, dass seine Eltern nicht perfekt sind, dass es selbst in manchen Bereichen nicht perfekt ist. Vor allem hilft es deinem Kind, sich selbst zu entscheiden, in welchen Bereichen es sich weiter perfektionieren möchte, in welchen nicht.
„Hilfe, mein Kind stört mich bei der Arbeit!“ - Wie soll ich es bloß beschäftigen?
- Tipp 1: Lass dein Kind in deinem realen Kosmos selbstverständlich mit-machen und daran teil-haben - beziehe es von klein auf mit ein in deine alltägliche Familienarbeit: zusammen einkaufen, kochen, Tisch decken, Wäsche aufhängen, Müll rausbringen.
- Der Tipp hinter dem Tipp: Nur so kann sich dein Kind als selbst wirksam außerhalb seiner Spielwelt erfahren. Die Erfahrung selbst wirksam zu sein gehört zu den wichtigsten Prozessen, um eine starke Persönlichkeit zu entwickeln.
- Tipp 2: Erkläre deinem Kind deine Homeoffice-Tätigkeit. Lass es ab und zu dabei sein: Malen, Kritzeln, Tabellen ausfüllen, Papier zusammenheften, schreddern etc. oder auch mal - während du am PC arbeitest - an deiner Seite ein Spiel auf dem Tablet spielen, ein Hörbuch hören. Grenze dein Kind nicht als Störenfried total aus deinem Büro aus, sondern heiße es ab und an als Gast willkommenen. Zeige ihm, womit du dich beschäftigst, was dir wichtig ist bei deiner Arbeit, worauf es ankommt. Kläre mit ihm Zeiten/Situationen, in denen es „draußen“ bleiben muss - z.B. mit „Bitte nicht stören“ oder Besuchszeit - Schildern an der Tür.
- Tipp 3: Zeige deinem Kind Fotos von deiner externen Arbeitswelt, wenn es dich an deinem Arbeitsort nicht besuchen kann. Erkläre ihm deinen Beruf, was du daran magst, was nicht.
- Der Tipp hinter dem Tipp: Dein Kind lernt dich in deinen unterschiedlichen Rollen kennen, welche Einstellung du zur Arbeit hast, wie du an Aufgaben herangehst, wie du Probleme löst. Sei dir deiner Vorbild-Rolle stets bewußt und erinnere dich, welche Rollenmuster du von deinen Eltern auf keinen Fall übernehmen wolltest.
Ich schaffe altersgerechtes Spielmaterial an, mit dem sich mein Kind sinnvoll und möglichst lange alleine beschäftigen kann.
- Tipp: Vermeide ein Überangebot und damit die Qual der Wahl: d.h. konkret:
- Vermeide überquellende Regale (Miste gemeinsam mit deinem Kind regelmäßig aus: womit spielt es noch, womit nicht mehr?“ Schaffe so ein überschaubares Angebot.
- Wähle ein Spielzeug aus und vermeide dann den Blick auf alles weitere. - d.h. konkret: wenn möglich, wechsele den Raum oder dreht euch weg vom Spielzeugangebot im Regal. Gibt es einen speziellen Spielbereich in der Wohnung, z.B. einen Teppich, einen Tisch, an dem sich das Kind mit dem ausgewählten Spielzeug intensiv beschäftigen kann?
- Zurückbringen an den Aufbewahrungsort nicht vergessen.
- Der Tipp hinter dem Tipp: Dein Kind lernt die Konzentration auf ein Spiel. Mit dem Herbeiholen und Zurückbringen erklärt es bewusst Anfang und Ende der Beschäftigung - eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung der Lernkompetenz deines Kindes - Aufgaben anzugehen, auszuführen, zu Ende zu bringen. Die Ordnung im Spielzimmer gibt klare Struktur, Orientierung und Bewegungssicherheit.
Und zum Schluss noch ein NO-GO!
Ganz wichtig von Geburt an: Wenn du dich mit deinem Kind beschäftigst - bleibe immer im Blick-Kontakt mit deinem Kind - und nicht mit deinem Handy.
Mache nicht den Fehler, und gib deinem Kind dein eigenes Handy, damit es sich selbst beschäftigt, z.B. damit es beim Wickeln still hält, damit es auf dem Nachhause-Weg im Buggy nicht schreit… etc
Für die Bindung ist der Blick-Kontakt von Geburt an absolut wichtig. Warum? Weil du intuitiv seine Gefühle spiegelst. Dein Kind erfährt eine Reaktion auf sein Verhalten, es lernt dadurch eigene Gefühle wahrzunehmen, zu erkennen und zu unterscheiden. Du legst damit den Grundstein für eine eine gesunde emotionale Entwicklung. Dein Kind braucht deine Reaktion, es liest sie in deinem Gesicht, nicht auf deinem Handy.
Schenke ihm die wichtigen Augenblicke ungeteilter Aufmerksamkeit.
In diesem Sinne wünsche ich dir viel Freude bei der Beschäftigung mit deinem Kind
Herzlichst Lisa